In dieser Arbeit wurde die genotypische Komposition von 63 Völkern der Honigbiene (Apis mellifera L.) mit Hilfe der DNA Microsatellitentechnik analysiert. Die erhobenen genetischen Daten von insgesamt 3058 Individuen wurden zur Analyse von zwei Verhaltensweisen verwendet, die entscheidend die Verwandtschaftsstruktur der Kolonien beeinflussen können: die Polyandrie der Königin und der Verflug von Arbeiterinnen und Drohnen. Es konnte eine hohe Variabilität der Polyandrie bei Apis mellifera gezeigt werden. Für natürlich gepaarte A. m. carnica Königinnen wurde eine Variationsbreite von 1-28 Paarungen pro Königin nachgewiesen. Signifikante Unterschiede in der Paarungshäufigkeit wurden zwischen Königinnen gefunden, die sich auf Inseln ohne Drohnen (6.45 ± 4.2), auf Inseln mit Drohnen (13 ± 1.14) oder auf dem Festland gepaart hatten (18.06 ± 1.08). Für die Paarung der Honigbiene ungünstige klimatische Gegebenheiten auf den Inseln sind dabei wahrscheinlich von Bedeutung. Meine Ergebnisse für die Drohnen freie Insel zeigen, daß erfolgreiche Paarungsflüge über größere Strecken offenes Wasser möglich sind, die in Kombination mit großer Entfernung zu Drohnen produzierenden Völkern die Paarungshäufigkeit signifikant erniedrigen. Es konnte kein signifikanter Zusammenhang zwischen dem Phänotyp der Kolonien und der Höhe der Polyandrie gefunden werden. Die Hypothesen zur Evolution der Polyandrie fordern einen positiven Beitrag zur Produktivität auf der Ebene der Kolonie. Es konnten nur schwache, nicht signifikante Trends in diese Richtung gefunden werden. Der Verflug der Drohnen war höher als der Verflug der Arbeiterinnen. Die Ein- und Auswanderung verflogener Tiere war für Drohnen aber nicht für Arbeiterinnen korreliert. Es bestand kein Zusammenhang zwischen der Aus- oder Einwanderung von Drohnen und Arbeiterinnen einzelner Kolonien, was darauf hindeutet, daß unterschiedliche, u.U. Kasten spezifische Erkennungs- bzw. Adoptionsmechanismen von Bedeutung sind. Es konnte kein signifikanter Einfluß des Verflugs auf der Ebene des Phänotyps der Gastkolonien gefunden werden. Gleichfalls bestand kein Zusammenhang zwischen der Paarungshäufigkeit der Königin und der Höhe des Verflugs. Die Analyse zu den Modellen der Nestgenossenerkennung läßt daher vermuten, daß "foreign label rejection" bei Honigbienen unwahrscheinlich ist. In dieser Studie wurde erstmalig die DNA Microsatelliten Technologie für Fragen der Bienenzucht angewandt. Ein Zuverlässigkeitstest wurde für eine potentielle Belegstelle auf der Insel Baltrum durchgeführt. Der Test zeigte, daß kontrollierte Paarungen auf Baltrum nicht garantiert werden können, da Paarungen der Baltrum Königinnen mit Drohnen vom Festland nachgewiesen wurden. Interaktionen mit den benachbarten Inselbelegstellen Langeoog und Norderney waren jedoch unwahrscheinlich. Die im Vergleich zu den benachbarten Belegstellen signifikant geringere Paarungshäufigkeit der Baltrum Königinnen zeigte, daß die Paarungsbedingungen auf der drohnenfreien Insel als erschwert zu werten sind. Für die Beurteilung der Sicherheit einer etablierten Belegstelle Baltrum im Routinebetrieb ist jedoch eine erneute Überprüfung mit einer ausreichenden Anzahl an Drohnenvölkern erforderlich. Der Paarungserfolg auf den Inselbelegstellen Langeoog und Norderney, auf den Landbelegstellen Gramschatzer-Wald und Königswald und auf den Gebirgsbelegstellen Rachel-Diensthütte und Hochgrat. wurde über die Paarungshäufigkeit der Königin erfaßt. Die geringere Paarungshäufigkeit der Königinnen auf den Inselbelegstellen war nicht auf die Anzahl der Drohnenvölker zurückzuführen. Die Zuverlässigkeit des Prüfhofs Schwarzenau wurde getestet. Der Verflug der Arbeiterinnen war deutlich geringer als in früheren Untersuchungen von kommerziellen Bienenständen. Die Arbeiterinnen bevorzugten nicht reziprok ihre jeweiligen Heimatvölker. Der geringe Arbeiterinnen- sowie der hohe Verflug der Drohnen zeigten keinen signifikanten Effekt auf die Erhebung der Leistungsdaten. Unverwandte Königinnen können jedoch die Ergebnisse verfälschen, da gezeigt wurde, daß untersuchte Prüfgruppen unverwandte Königinnen enthielten. Dies läßt vermuten, daß Fehler bei der Königinnenaufzucht auftraten. Für die in dieser Arbeit verwendeten DNA Microsatelliten wurde ein Zuverlässigkeitstest unter Zuhilfenahme einer künstlich besamten Königin durchgeführt. In einem Doppelblindversuch konnten die 10 für die Besamung verwendeten Drohnen in der Arbeiterinnennachkommenschaft der Königin nachgewiesen werden. Da auch kein sichtbares Mutationsereignis gefunden wurde, scheint das bei Honigbienen angewendete Verfahren ähnlich zuverlässig zu sein wie in der forensischen Medizin.
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