Es wurde eine systematische Untersuchung der bei der plastischen Deformation entstehenden Punkt- und Liniendefekte durchgeführt mit dem Ziel, Aussagen über die Mechanismen der Punktdefektgeneration bei der Versetzungsbewegung treffen zu können. Zu diesem Zweck wurden Proben unter Variation der Deformationsparameter Dehnung, Dehnungsrate, Deformationstemperatur sowie Deformationsrichtung verformt und das Defektspektrum mittels Positronenlebensdauer-, ESR- und IR-Absorptionsspektroskopie untersucht. Es wurden sowohl einkristalline Halbleiter- als auch polykristalline Metallproben untersucht, wobei der Schwerpunkt auf dem Studium der Halbleiterkristalle lag. Die Systematik der Deformationsparameter wurde am breitesten an Galliumarsenid bearbeitet; daneben wurden jedoch auch einige Siliziumproben untersucht. Die Deformation der Halbleiterproben wurde in uniaxialer Kompression bei konstanter Dehnungsrate unter Argonatmosphäre zwischen 350°C und 1000°C durchgeführt. Die Metallproben wurden in flüssigem Stickstoff verformt. Die wichtigste zur Untersuchung der Defekte eingesetzte Methode war die Positronenlebensdauerspektroskopie. In fast allen deformierten Halbleiter- und Metallproben konnten zwei defektspezifische Positronenlebensdauerkomponenten nachgewiesen werden. Die eine der beiden Komponenten wird der Annihilation in Leerstellen, die mit Versetzungslinien assoziiert sind, zugeordnet. Die zweite defektspezifische Positronenlebensdauerkomponente wird mit Leerstellenagglomeraten identifiziert. Diese enthalten in den Halbleiterproben zwischen 10 und 20 Leerstellen. Aus dem Vorhandensein der Leerstellenagglomerate in den Metallproben, in denen die Leerstellen bei der Deformation unbeweglich sind, kann geschlußfolgert werden, daß die Leerstellenagglomeration kein Diffusion voraussetzt, sondern ein primärer Prozeß ist. Es wird ein modifiziertes Modell des Hinterherziehens von Sprüngen auf Schraubenversetzungen als Mechanismus der Generation der Leerstellenagglomerate vorgeschlagen. Die Konzentration der in den Agglomeraten enthaltenen Leerstellen zeigt eine deutliche Abhängigkeit von den Deformationsparametern. Aus der Abhängigkeit von der Dehnungsrate und der Deformationsachse kann geschlußfolgert werden, daß die Dichte von Sprüngen auf Schraubenversetzungen entscheidenden Einfluß auf die Punktdefektgeneration hat. Damit wird indirekt das Modell des Hinterherziehens von Sprüngen auf Schraubenversetzungen bestätigt. Im Verbindungshalbleiter GaAs werden neben den Defekten mit offenem Volumen auch flache Positronenfallen nachgewiesen. Korrelierte ESR-Untersuchungen stützen die Identifikation der flachen Positronenfallen mit dem GaAs- Antistrukturdefekt, dessen Konzentration durch die Deformation erhöht wird. Dies kann als Hinweis auf die Generation von Zwischengitteratomen durch die Versetzungsbewegung gewertet werden.
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