Thioxylierungen sind Peptidrückgrat-Modifikationen in Form eines Sauerstoff - Schwefel Austausches in der Peptidbindung. Derartige Thioxopeptide zeigen einige spezifische Eigenschaften. In spektroskopischen Untersuchungen sind die pi-pi* Übergänge des Thioxopeptid-Chromophors bathochrom in den Bereich um 270 nm verschoben. Sie zeigen Extinktionskoeffizienten größer 10 000, sowohl in den UV/VIS- als auch CD-Spektren. Das CD-Signal gibt die Chiralität in der Umgebung thioxylierter Peptidyl-Prolyl-Peptidbindungen wieder und erlaubt die Messung der cis/trans Isomerisierung. Weiterhin ist es möglich, das cis/trans Gleichgewicht durch Anregung der Thioxopeptidbindung mit UV-Licht zu höheren cis-Gehalten hin zu verschieben. Veränderungen der Eigenschaften von Thioxopeptidbindungen widerspiegeln sich auch in deren chemischen Reaktionen. Derivate, deren erste (N-terminale) Aminosäure thioxyliert ist, reagieren mit stöchiometrischen Mengen von in wäßrigen Puffern (pH 8) gelöstem Formaldehyd zu den entsprechenden Azomethinen. Die Thioxylierung der zweiten Aminosäure erleichtert einen nucleophilen Angriff durch die terminale Aminogruppe auf den Thioxocarbonyl-Kohlenstoff, der zu einer Umwandlung in zyklische 2-Keto-5amino-4,5-dehydro-piperazin Derivate führt. Thioxopeptidbindungen sind wegen der höheren Acidität der Amidgruppe bessere Donoren für Wasserstoffbrückenbindungen, hingegen ist die reduzierte Basizität des Schwefels für verminderte Akzeptoreigenschaften verantwortlich. Die Serinproteasen alpha-Chymotrypsin, Subtilisin Carlsberg und Prolyloligopeptidase sind in der Lage, Thioxopeptidbindungen, die den aktivierten 4-Nitroanilidrest als Abgangsgruppe tragen, zu proteolysieren, jedoch mit um 3 Größenordnungen reduzierten kcat und kcat/Km-Werten. Die Cysteinprotease Papain proteolysiert die gleiche Gruppe von Derivaten sogar besser als die entsprechenden Oxo-Verbindungen, vorwiegend wegen der niedrigeren Km-Werte. Keine der Proteasen ist in der Lage, die nichtaktivierte, zwei proteinogene Aminosäuren verbindende, Thioxopeptidbindung zu proteolysieren. Jedoch können sie im Zuge der Proteolyse der aktivierten Thioxopeptide ein Thioxoacylenzym bilden. Dessen Übertragung auf ein geeignetes Amin-Nucleophil (Aminosäureamid, Peptid) im Deacylierungsschritt resultiert in einer kinetisch kontrollierten Thioxopeptidsynthese. Ein blockierter Protonentransfer vom protonierten Histidin-Rest auf die austretende Amidgruppe wird als Ursache für die Proteolyse-Resistenz der nichtaktivierten Thioxopeptide postuliert. Die Proteolyse findet jedoch statt, wenn der Protonentransferschritt nicht essentiell ist (wie bei den aktivierten Thioxopeptidbindungen) oder wenn eine alternativer Protonentransfer-Mechanismus wirkt, wie für die Dipeptidylpeptidase IV postuliert. Diese war als einzige der untersuchten Proteasen in der Lage, auch nichtaktivierte Thioxopeptidbindungen zu proteolysieren.
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