In dieser Arbeit werden umfassende Untersuchungen der lokalen piezoelektrischen Antwort ferroelektrischer Einkristalle, dünner Schichten und Nanostrukturen mit Hilfe der spannungsmodulierten Rasterkraftmikroskopie vorgestellt. Im Hinblick auf die aktuelle Bedeutung ferroelektrischer dünner Schichten und Nanostrukturen für die perspektivische Entwicklung von ferroelektrischen Direktzugriffsspeichern hoher Speicherdichte (Ferroelectric random access memories, FeRAMs) in der integrierten Mikroelektronik liegt der Schwerpunkt der Arbeit auf den lokalen ferroelektrischen Eigenschaften von solchen Filmen und Nanostrukturen, welche aus den derzeit aussichtsreichsten Materialien für diese Anwendungen bestehen, nämlich aus Pb(Zr,Ti)O3 (PZT) und verschiedenen Vertretern der Familie der Wismut-Schichtperowskite (Bismuth-layer structure family, BLSF) oder Aurivillius-Phasen. Es wurden sowohl Wismut-Schichtperowskite mit gerader Anzahl n von Perowskit-Oktaedern zwischen den Bi2O3-Lagen (d.h. mit geradzahligem Aurivilliusparameter n), wie SrBi2Ta2O9 (SBT) und BaBi4Ti4O15, als auch solche mit ungerader Anzahl von Perowskit-Oktaedern (ungeradzahligem Aurivilliusparameter n), in diesem Falle Bi4Ti3O12, untersucht. Diese beiden Untergruppen der Wismut-Schichtperowskite unterscheiden sich grundlegend in ihrer Kristallsymmetrie und daher auch in der Anisotropie ihrer ferroelektrischen Eigenschaften. Die Untersuchungen umfaßten die Abbildung ferroelektrischer Domänen, die Aufnahme lokaler piezoelektrischer Hysteresekurven und die Messung piezoelektrischer Koeffizienten, jeweils mit einer lateralen Auflösung bis herab zu 10 nm und mit einer hohen Empfindlichkeit. Hierzu wurde ein kommerzielles Rasterkraftmikroskop (Scanning force microscope, SFM) mit einem selbst erstellten Modul für die Aufnahme der Piezoantwort ("Piezoresponse-Modul") aufgerüstet. Durch Optimierung der Meßvorschriften und durch Untersuchung einiger grundlegender Mechanismen und Bedingungen des Piezoresponse-Modes der Rasterkraftmikroskopie konnten das genannte hohe Auflösungsvermögen und eine hohe Empfindlichkeit erzielt werden. Das Prinzip der Methode besteht darin, mit Hilfe einer leitfähigen SFM-Spitze eine kleine Wechselspannung zwischen die Probenoberfläche und eine Elektrode an der Probenunterseite anzulegen und dadurch über den inversen piezoelektrischen und elektrostriktiven Effekt das Probenvolumen unterhalb der Spitze in Schwingungen zu versetzen. Durch die Aufzeichnung bzw. Beobachtung der induzierten Schwingungen der Probenoberfläche können Informationen über den lokalen Polarisationszustand und die lokalen elektromechanischen Koeffizienten gewonnen werden. Außerdem kann durch Anlegen einer Gleichspannung zwischen Spitze und unterer Elektrode auch ein Umschalten der Polarisation erzielt werden, d.h. die wichtigste Eigenschaft ferroelektrischer Materialien, die Umschaltbarkeit der Polarisation, wird einer lokalen Untersuchung zugänglich. Zusammenfassend kann festgestellt werden, daß durch die erfolgreiche Anwendung des Piezoresponse-Modes der Rasterkraftmikroskopie auf eine Vielzahl dünner Schichten und Nanostrukturen unterschiedlicher Zusammensetzung, Kristallographie und Morphologie ein Beitrag zum besseren Verständnis der piezoelektrischen und ferroelektrischen Eigenschaften dieser Schichten und Strukturen geleistet werden konnte. Obwohl eine Anzahl Fragen offen bleibt, die insbesondere mit den Einzelheiten der Feldverteilung im Probenvolumen unter der SFM-Spitze zusammenhängen, kann der Schluß gezogen werden, daß die spannungsmodulierte Rasterkraftmikroskopie sich als eine außerordentlich gewinnbringende Methode zur lokalen Charakterisierung von ferroelektrischen Schichten und Nanostrukturen auf der Nanometerskala erwiesen hat und damit geeignet ist, einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung ferroelektrischer Speicher hoher Speicherdichte für die Mikroelektronik der Zukunft zu leisten.
|