Die Beeinflussung der Arzneistoffmengen bzw. Dosisfraktionen, die in das Zentralnervensystem gelangen, ist seit langer Zeit Thema von Forschungsprojekten. Dabei spielt z.B. die Erhöhung der Aufnahme in das ZNS eine Rolle, da man vielfach durch eine Selektivität der Verteilung in das ZNS die peripheren Nebenwirkungen ZNS-aktiver Substanzen reduzieren kann. Hierbei stellt die Blut-Hirn-Schranke ein spezifisches Charakteristikum dieses Kompartimentes (ZNS) dar. Vor einiger Zeit hat man bei Ratten festgestellt, daß bei Nasalapplikation nicht nur der First-pass-Effekt deutlich niedriger ist als bei peroraler Gabe, es wurde auch gefunden, daß die Selektivität des Transportes in das ZNS erhöht ist. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit sollten verschiedene Aspekte der Permeation in das ZNS, des Einflusses physikochemischer Charakteristika sowie des Applikationsweges untersucht werden. Hierzu wurde anhand von ausgewählten Substanzen (Kokain, Tranylcypromin, Baclofen, Indometacin) mit unterschiedlicher Struktur und Lipophilie geprüft, ob bei Applikation auf die Nasalmukosa höhere relative Gewebekonzentrationen im ZNS erreicht werden können als nach anderen Applikationswegen (i.v., i.p.) und/oder ob applikationsspezifische Unterschiede im Verteilungsmuster in den verschiedenen Hirnsegmenten nachweisbar sind. Weiterhin sollten vom hydrophilen und daher eher schlecht ZNS-gängigen Baclofen lipophilere Ester-Prodrugs synthetisiert und bei in-vivo-Untersuchungen geprüft werden, ob mittels dieser Prodrugs - möglicherweise in Abhängigkeit des Applikationsweges - höhere ZNS-Konzentrationen an Baclofen erreichbar sind. Es konnte gezeigt werden, daß sich nach der Nasalapplikation für Kokain und Tranylcypromin in der Regel eine signifikant höhere Gehirnselektivität und etwas bessere CSF-Verfügbarkeit, für Baclofen zwar eine etwas bessere Verfügbarkeit im Hirngewebe, jedoch keine erhöhte CSF-Selektivität im Vergleich zu den anderen jeweils gewählten Applikationswegen nachweisen ließen. Im Falle von Indometacin wurden nach i.n.-Gabe signifikante Konzentrationen im Thalamus gefunden, während die Substanz bei i.p.-Gabe aufgrund der geringen Spiegel dort meist nicht quantifizierbar war. Möglicherweise spielt in Bezug auf das intracerebrale Verteilungsmuster der Substanz die Tatsache eine Rolle, daß Indometacin Affinität zu Transportern (wie dem organischen Anionen-Transporter) besitzt. Bei den Untersuchungen zur In-vivo-Stabilität der Baclofen-Ester-Derivate war nachweisbar, daß das Ausmaß der Esterspaltung sowohl von der Kettenlänge des beteiligten Alkohols als auch von der Applikationsweise abhängig ist, während die Lipophilie eine eher untergeordnete Rolle spielt. Sowohl diese Ergebnisse, wie auch weitere in-vivo-Untersuchungen sprechen dafür, daß die Esterspaltung nicht im Blut oder Gehirn sondern wahrscheinlich in der Leber stattfindet. Jedoch war das Ausmaß der Baclofen-Entstehung bei den allen untersuchten Estern so gering, daß man nicht von einer ZNS-Vehikelfunktion dieser Prodrugs ausgehen kann. |