In der westsibirischen Kulundasteppe wurden in den Jahren 1954 und 1955 mit der Neulandaktion 2,3 Mio. ha unbearbeiteter Steppenboden umgebrochen und seitdem als ackerbaulich genutzt. Von dieser großflächigen Inkulturnahme waren hauptsächlich südliche Tschernoseme und Kastanoseme der semiariden Steppen betroffen. Die beträchtliche räumliche Dimension des Eingriffs in das fragile Steppenökosystem lässt ähnliche Folgewirkungen erwarten wie bei der unter vergleichbaren pedologischen und klimatischen Verhältnissen durchgeführten Konversion der natürlichen Steppen in Ackerland in den nordamerikanischen Great Plains. Als Folge dieser Neulandaktion kam und kommt es in diesen Gebieten zu gravierende Bodenschädigungen, die negative Auswirkungen auf die Ertragslage haben. Dabei kommt den durch die Abnahme der Humusmächtigkeit und -konzentration bedingten verschlechterten Bodenwasserhaushaltseigenschaften eine besondere Bedeutung zu. Ursächlich spielen hierfür hauptsächlich die den naturräumlichen Bedingungen wenig angepassten Ackerbaukonzepte eine Rolle. Als Folge der insgesamt rückläufigen Erträge, vor allem aber der steigenden Ertragsunsicherheit, kommt es in den von der Landwirtschaft dominierten Regionen zu ökonomischen und sozialen Problemen, die zu weiteren Destabilisierungen der sowieso schon angespannten Nahrungsmittelversorgung führen. Die Untersuchungen führen zu dem Ergebnis, dass eine an die naturräumlichen Gegebenheiten angepasste Landnutzung dringend erforderlich ist, welche eine Schadensbegrenzung der durch die Neulandaktion eingetretenen geoökologischen Folgen sowie eine nachhaltige landwirtschaftliche Produktion als Lebensgrundlage der einheimischen Bevölkerung erwarten lässt.
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