Die Selektine, eine Gruppe von drei Kohlenhydrat(Sialyl-Lewisx)-bindenden Glykoproteinen, lösen im Zuge der unspezifischen Immunabwehr eine Kaskade von Adhäsionsereignissen aus, indem sie die Leukozyten aus dem Blutstrom "abfangen" und in eine rollende Verlangsamung entlang des Endothels überführen. Nach ihrem Vorkommen werden sie als L-(Leukozyten-), E-(Endothel-) und P-(Plättchen und Endothel)Selektin bezeichnet. Eine pathologische Beteiligung der Selektine und der von ihnen unterstützten Rollbewegung wird bei entzündlichen Erkrankungen, angiogenetischen und metastatischen Krankheitsverläufen diskutiert. Da die Selektine am Anfang der Adhäsionskaskade stehen und ihre Expression räumlich und zeitlich auf das entzündete Gewebe beschränkt ist, sind sie als pharmakologische Zielstruktur prädestiniert. Um therapeutisch in durch Selektine vermittelte Abläufe eingreifen zu können, sind Kenntnisse über die molekulare Basis der Selektin-Interaktionen unerlässlich. In der vorliegenden Arbeit wird die Ligandenpräsentation in Bezug auf Flexibilität und die Bedeutung der Multivalenz untersucht. Um dabei die Auswirkungen der Scherkraft auf die Selektin-Bindung zu berücksichtigen, wird ein dynamisches Testsystem verwendet. Es kann die Wechselwirkung Selektin-tragender Zellen mit Glykolipidliganden in einer Lipidmembran oder die Wechselwirkung Ligand-tragender Zellen mit immobilisiertem Selektin gemessen werden. Etabliert wird eine computergestützte Auswertung der Rollgeschwindigkeit sowie der Zelladhäsion. Das Anwendungsgebiet des Testsystems wird auf das Screening löslicher Selektin-Inhibitoren ausgedehnt. Untersucht werden Sialyl-Lewisx-Mimetika, sulfatierte Polysaccharide sowie Oligosaccharide der humanen Milch und Struktur-Wirkungs-Beziehungen abgeleitet. Um die Rolle von Selektinen bei Tumorerkrankungen zu analysieren, wurde die Wechselwirkung verschiedener Gewebetumorzelllinien mit P- und L-Selektin untersucht. Die Betonung liegt dabei auf der Frage, ob das Rollen von Tumorzellen der Initialschritt bei der Metastasierung sein kann. Im Anschluss daran werden verschiedene Substanzen auf ihre Fähigkeit zur Unterdrückung der Krebszelladhäsion geprüft. Abschließend lässt sich sagen, dass das Testsystem hervorragend geeignet ist, sensitiv und spezifisch Selektin-Inhibitoren von wirkungslosen Substanzen zu diskriminieren. Es ist daher gut für das Screening möglicher Selektin-Inhibitoren geeignet. Durch die freie Auswahl von Zellen, Selektinen und deren artifiziellen Liganden ist die Anordnung sehr variabel. |