In der Arbeit wird das Softwarepaket MoreSeePack zur Berechnung festbettkatalytischer Reaktoren entwickelt und an Hand realistischer Aufgabenstellungen getestet. Dabei werden die zwei wichtigsten Einsatzfälle, Reaktorsimulation (scale up) und simultane Parameterschätzung aus Versuchsdaten berücksichtigt. Modellierungsgrundlage ist ein quasihomogenes instationäres zweidimensionales Reaktormodell das auch radiale und axiale Wärmeleitung, Dispersion sowie die radiale Strömungsungleichverteilung berücksichtigt. Wesentliche Aspekte sind eine möglichst einfache Bedienung sowie ein hoher Freiheitsgrad bei der Problemspezifikation. So lassen sich mit vergleichsweise geringem Aufwand sehr unterschiedliche Reaktorstrukturen und Betriebsweisen simulieren. Die Modellbeschreibung wird durch die Definition der Modellparameter in Definitionsdateien sowie durch das Einbinden von anwendungsspezifischen Funktionen ermöglicht. Zur interaktiven Bedienung verfügt die Software neben einer einfachen befehlszeilenorientierten Eingabemöglichkeit auch über eine grafische Benutzeroberfläche. Der Treiber und alle untergeordneten Teile der Software sind in der Programmiersprache Fortran implementiert. Zur Simulation stehen wahlweise Diskretisierungen mit dem stabilisierenden Upwind-Verfahren oder genaueren zentralen Differenzen zur Verfügung. Im Programmsystem sind weiterhin viele mathematische Hilfsmittel für Modell- und Parameterstudien, zur Sensitivitätsanalyse und zu Studien der Residuen sowie eine Konditionsanalyse implementiert. Somit kann z.B. die Schätzbarkeit von Modellparametern vorab überprüft werden. Nach der Schätzung kann die Zuverlässigkeit der Parameterwerte überprüft werden. Bei der Parameterschätzung wird ein gedämpftes Gauß-Newton-Verfahren eingesetzt. Zur Erprobung der neuen Software wurden drei repräsentative und anspruchsvolle Studien durchgeführt: Gestaltung einer geeigneten Reaktorstruktur für die CO-Oxidation als Simulationsbeispiel. Parameterschätzung aus Wärmetransportversuchen ohne Reaktion als Beispiel für die Auswertung instationärer Versuche mit großen Datenmengen. Parameterschätzung aus bekannten stationären Wärmetransportversuchen mit Reaktion als Beispiel zum Problemkreis der simultanen Schätzprobleme ( CO-Oxidation). Die CO-Oxidation wurde als katalytische Reaktion ausgewählt, weil bei dieser klassischen Modellreaktion sehr steile Gradienten mit Brennzonen (hot spots) in der Schüttschicht auftreten können, die an die Numerik besonders hohe Anforderungen stellen. Das zweite Beispiel belegt speziell die Eignung des Softwarepakets zur Auswertung großer Datenmengen. Ein Konzept auf der Grundlage langsam instationärer Experimente ermöglicht die Messung von Temperaturgradienten auch bei geringen Strömungsgeschwindigkeiten. Hierzu wurde ein neues Modell zur Beschreibung des radialen Wärmetransportes bei sehr kleinen Rohr-Partikeldurchmesserverhältnissen entwickelt. Das Modell vereinigt das herkömmliche und bewährte αw-Modell mit dem neueren λr(r)-Modell. Auf diese Weise werden sowohl eine transporthemmende Schicht in Wandnähe als auch ein Temperatursprung an der Wand berücksichtigt.
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