Der Attentional Blink (AB) stellt ein kognitionspsychologisches Phänomen im Schnittfeld von Aufmerksamkeits- und Gedächtnisprozessen dar. In Untersuchungen zum AB-Effekt sollen Probanden zwei in einen Buchstabenstrom eingebettete Zielreize berichten. Die Leistung für den zweiten der Zielreize (T2) ist beeinträchtigt, wenn er bis zu ca. 500 ms bzw. fünf Buchstaben nach dem ersten Zielreiz (T1) dargeboten wird. Folgen beide Reize im Strom sehr nah aufeinander, ist die T2-Leistung allerdings häufig relativ gut. Verschiedene existierende Modelle zum Phänomen können post hoc eine solche U-Form des Leistungsverlaufs erklären. Offen bleibt dabei, ob die kurze zeitliche Folge beider Reize oder die Abwesenheit dazwischen dargebotener Distraktoren die Verarbeitung in einer gemeinsamen Episode ermöglicht. Zur Untersuchung dieser bislang unbeachteten Fragestellung wurden in vier Experimenten das Tempo des Buchstabenstroms und die Vorhersagbarkeit der Tempobedingung variiert. So konnte gezeigt werden, dass die zeitliche Nähe der Zielreize zueinander die T2-Leistungen bestimmt: Bei Tempo-Stufen, für die ein AB-Effekt nachweisbar war, fanden sich die geringsten Leistungen für T2 bei einem Zielreizabstand von ca. 220 ms, unabhängig davon, wie viele Distraktoren zwischen beiden Zielreizen dargeboten wurden. Das Tempo des Buchstabenstroms beeinflusste die T2-Leistungen dabei ausschließlich im Niveau. Die Vorhersagbarkeit des Tempos veränderte dieses Befundmuster nicht. Neben den Leistungen für T2 wurden auch die für den ersten Zielreiz betrachtet. Die in verschiedenen Modellen zum Attentional Blink-Effekt postulierte Vorhersage von T1-Leistungsverschlechterungen bei kurzer Folge beider Zielreize konnte jedoch nur durch zwei der vier Experimente gestützt werden. In Experiment 3 fanden sich entgegen der Erwartung bessere T1-Leistungen bei direkter Folge beider Zielreize. Vorgeschlagene Erklärungsansätze hierzu basieren auf Übungs- und differentiellen Maskierungseffekten. Es wurden zudem Vorhersagen geprüft, welche Reize vermehrt als Falschantworten für den ersten Zielreiz auftreten (T1-Intrusionen). Die Experimente zeigten gehäufte Intrusionen aus einem bestimmten Zeitbereich nach der T1-Darbietung. Auch vor dem ersten Zielreiz dargebotene Buchstaben ergaben häufige Intrusionen. Das vorliegende Datenmuster der T1-Fehler, T1-Intrusionen und der T2-Fehler ist beschreibbar durch ein Zwei-Stufen-Modell verbunden mit einem zeitbasierten Aufmerksamkeitstor. Dieses Modell postuliert zusätzlich, dass Repräsentationen noch unverbundener Reizmerkmale aus einem visuellen Ultrakurzzeitspeicher in Stufe 2 der Zielreizverarbeitung gelangen.
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