Hintergrund: Wegen ihrer klinisch-praktischen Bedeutung, aber gerade auch bezüglich nosologischer Überlegungen stellen schizoaffektive Störungen eine besondere Herausforderung an die psychiatrische Wissenschaft dar. Eine Vielzahl von Befunden lässt eine nosologische Position zwischen schizophrenen und affektiven Störungen vermuten. In diesem Sinne können schizoaffektive Störungen als ein das klassische, die Psychiatrie bis in die Gegenwart prägende, Kraepelinsche Dichotomieprinzip herausfordernde Paradigma aufgefasst werden. Sie stellen insofern ein entscheidendes Konstrukt bei der Validierung konkurrierender Konzeptionen - etwa der eines psychotischen Kontinuums - dar. In der vorliegenden Arbeit wird untersucht, ob sich mit Hilfe neuropsychologischer Tests der exekutiven Funktionen bipolar schizoaffektive und schizophrene Patienten differenzieren und sich eventuell Hinweise auf die nosologische Stellung der bipolar schizoaffektiven Psychose ableiten lassen. Methode: Es wurden die exekutiven Leistungen von jeweils 25 stationär behandelten bipolar schizoaffektiven und schizophrenen Patienten sowie 25 gesunden Kontrollpersonen verglichen. Die Testverfahren exekutiver Funktionen wurden theoriegeleitet sechs Komponenten "Aufmerksamkeit und Hemmung", "Aufgabenmanagement", "Planen", "Überwachen", "Arbeitsgedächtnis", "kognitive Flexibilität" zugeordnet. Weiterhin wurden klinisch relevante Parameter des Krankheitsverlaufes sowie die Ausprägung der aktuellen Symptomatik erhoben. Befunde: Der Parameter "Aufmerksamkeit und Hemmung" differenzierte zwischen beiden Patientengruppen signifikant. Im Vergleich zur Kontrollgruppe zeigten schizophrene Patienten Defizite in fünf der sechs exekutiven Komponenten, bipolar schizoaffektive Patienten nur in zwei. Die kognitive Leistung konnte in beiden Patientengruppen durch unterschiedliche klinische Variablen prädiziert werden. Schlussfolgerung: Bei beiden Patientengruppen liegen Beeinträchtigungen exekutiver Funktionen vor, bei schizophrenen Probanden allerdings in deutlich ausgeprägterer Form als bei bipolar schizoaffektiven Patienten. Schizophrene Patienten zeigen eine signifikant schlechtere Reaktionshemmung als bipolar schizoaffektive Patienten. Die klinischen Gruppen lassen sich anhand der neuropsychologischen Leistungen teilweise differenzieren.
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