Aromatische Diazoniumsalze sind als effiziente Fotoinitiatoren für die kationische Polymerisation bekannt. Ihr technischer Einsatz wird aber durch die thermische Instabilität der Monomerzubereitung, die schlechte Löslichkeit in unpolaren Lösungsmitteln und Nebenreaktionen wie Kupplungsreaktionen zu farbigen Produkten, thermisch oder fotochemisch induzierte Elektronenübertragung eingeschränkt. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich detailliert mit den Absorptionseigenschaften, der Löslichkeit, den Fotoreaktionen und der Thermostabilität substituierter Arendiazoniumsalze Ar-N2+X- in verschiedenen Lösungsmitteln geringer Polarität (Ether, Siloxane, CKW). Die Löslichkeit von DS in schwach polaren Lösungsmitteln bis in Siloxanen erhöht sich mit langkettigen Alkyloxygruppen in Kombination mit schwach nucleophilen Anionen. Unter solchen Bedingungen bleibt die Absorption im technisch relevanten Bereich 300 max Die Thermolyse folgt einem bimolekularen Mechanismus entsprechend dem SN2-Typ, wobei das LSM als Nucleophil reagiert. Die langsamsten Reaktionen erfolgten in den LSM mit geringster Polarität bei Halbwertszeiten t1/2(40°C) >= 1 Jahr. Mit IR-Spektroskopie konnte die Veränderung der elektronischen Struktur von DS durch Nucleophile beobachtet werden. Eine Wechselwirkung von zwei Orbitalen zwischen Diazoniumgruppe und Arylrest kann die Solvatochromie, die IR-spektroskopischen Beobachtungen, die Reaktivität gegenüber Nucleophilen und den Einfluß des Anions erklären. Die Quantenausbeuten der fotochemischen Dediazonierung φ(-DS) wurden unabhängig von Struktur und Polarität des Lösungsmittels gefunden mit Ausnahme der aliphatischen Ether. In solchen LSM führen Radikalkettenreaktionen zu φ(-DS) >> 1 (Meerwein-Reduktion). Die Reduktionspotentiale von Diazoniumsalzen wurden mittels Cyclovoltammetrie bestimmt. Durch Kurzzeitspektroskopie wurden in 1,2-Dichlorethan and Acetonitril sehr schnelle Reaktionen (t1/2 +-Bildung φ(H+) wurde mit einer neuen Indikatormethode selektiv bestimmt. φ(H+) steigt mit der Basizität des Anions. Die Fotoinitiierung kationisch polymerisierbarer Monomere (Epoxide, Vinylether) mit DS verläuft sehr effizient, zeigte aber einen unerwarteten Sauerstoffeinfluß. In Gegenwart der Monomere führte die Bestrahlung von DS zu einem Radikalkation des Monomeren, das die kationische Polymerisation initiierte. Das verbleibende Radikal kann eine Meerwein-Reduktion des DS auslösen unter Bildung eines Carbokations. Gelöster Sauerstoff reagiert als Radikalfänger und bildet instabile Hydroperoxide sowie weitere Oxidationsprodukte (Inhibitoren für kationische Polymerisation). Unter reduzierter Sauerstoffkonzentration bzw. -diffusion gewinnt die Radikaloxidation Bedeutung für eine zusätzliche, thermische Initiierung. Die Fotooxidation der Monomere durch Sauerstoff und DS bei Belichtung wurde durch EPR-Messungen bestätigt. Eine geringere Nucleophilie des Anions bewirkt eine effektivere Kettenfortpflanzung bei der Polymerisation infolge einer höheren Wachstumsgeschwindig-keit. Die geringe Stabilität der Monomer-Formulierungen ist ein Ergebnis der nucleophilen und Radikalreaktionen. NMR-Untersuchungen zeigten die Bildung von Kupplungsprodukten und offenbar des SN2-Produktes mit Vinylether. Etherradikale werden durch Autoxidation erzeugt. Sie initiieren Radikalkettenreaktionen unter Oxidation zum Kation und starten die Polymerisation. Die hohe Reaktivität der Diazoniumsalze gegenüber den Monomeren basiert auf ihrem starken Elektronendefizit, das durch keinen Donorsubstituenten ausreichend kompensiert werden kann.
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