Bei der hier untersuchten Proteinfamilie der ACBPs handelt es sich um multifunktionelle Proteine, deren Involvierung in sowohl grundlegende Zellstoffwechselvorgänge wie Steroidsynthese und Fettsäurestoffwechsel, als auch hochspezialisierte und streng regulierte Prozesse wie Insulin- und Cholecystokininsekretion im menschlichen und tierischen System untersucht wurden. Am besten etabliert ist jedoch ihre Funktion als Acyl-CoA bindende Proteine (ACBPs), kleine cytosolische Proteine, die im gesamten Tier- und Pflanzenreich sowie in eukaryotischer Hefe nachgewiesen werden konnten. Durch ihre hochspezifische Bindung von langkettigen Fettsäure-Coenzym A-Thioestern übernehmen sie eine Poolbildner- und Transporterfunktion für diese Liganden. Da Acyl-CoA-Ester nicht nur Zwischenprodukte in Fettsäureabbau und -synthese darstellen, sondern auch als regulatorische Signalmoleküle in Genexpression und Zellstoffwechsel eingreifen, stellen ihre Bindungsproteine, die ACBPs, ein wichtiges Bindeglied für die Regulation verschiedenster Stoffwechselvorgänge dar. Diese Acyl-CoA-bindenden Proteine sollten nun in Digitalis lanata untersucht werden, um nähere Einsicht in Organisation und Funktion dieser Proteinfamilie im pflanzlichen System zu gewinnen. Es konnten dabei zwei vollständige cDNA-Sequenzen identifiziert werden (acbp3 und acbp4), welche eine ausgesprochen hohe Homologie sowohl untereinander als auch zu ACBPs anderer Spezies aufwiesen. Eine Expressionsanalyse bestätigte die Expression der entsprechenden Transkripte in allen untersuchten Pflanzenteilen von Digitalis lanata, wobei eine gewebespezifische Expression einzelner Isoformen diskutiert wurde. Es konnte dabei keine streßbedingte Regulation der Expression aufgezeigt werden. Eine genomische Southern-Analyse wies auf das Vorhandensein von mindestens 3, wahrscheinlich jedoch mehr ACBP-homologen Sequenzen im Genom hin. Die überexprimierten korrespondierenden Proteine der beiden cDNA-Sequenzen (ACBP3 und ACBP4) erwiesen sich als funktionell und wurden nach ihrer Aufreinigung qualitativen und quantitativen Bindungstests unterzogen. Durch gerichtete Mutagenese wurden sukzessive zwei Aminosäurepositionen (AS19 und AS23) der einen Isoform gegen die der jeweils anderen Isoform ausgetauscht. In einem neuentwickelten Bindungstest konnten hierbei geringfügige, jedoch signifikante Unterschiede im Bindungsverhalten von Wildtypen und Mutanten aufgezeigt werden. So bevorzugte ACBP3 ungesättigte und ACBP4 gesättigte Liganden, wobei die Doppelmutation in den Positionen 19 und 23 diese Tendenzen jeweils umkehrte. Dies suggerierte eine Involvierung dieser Aminosäurepositionen in Ligandenerkennung und Bindungsspezifität.
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