In den letzten Jahren wurden in mehreren Labors verschiedene Mausstämme mit Nullmutationen des für einen myogenen Transkriptionsfaktor kodierenden Myf-Gens (Myogenic factor 5) generiert. Die Abwesenheit von Myf-5-Protein im sich entwickelnden Mausembryo führt zu einer Verzögerung der Myotombildung von 1,75 Tagen, bis die myogene Aktivität der einsetzenden MyoD-Expression benötigte Muskelvorläuferzellen determiniert. Die Muskulatur homozygoter Myf5-Mutanten entwickelt sich überraschenderweise normal. Die Abwesenheit des myogenen Myf5-Proteins führt unerwartet zum Fehlen distaler Rippen, in dessen Folge die Mäuse perinatal aufgrund mangelnder Respiration sterben. Um die Funktion von Myf-5 in adulten Mäusen zu untersuchen, wurde eine Mauslinie generiert, die mit Hilfe der Cre/loxP-Technologie ein konditional inaktivierbares Allel trägt (Myf-5loxP). Die kontrollierte Expression der Cre-Rekombinase mit dem Ziel der Inaktivierung des Myf5-Gens (Myf-5ΔloxP) wurde in 4 verschiedenen Ansätzen verfolgt. (1) Zeitliche Kontrolle der Exzision durch den induzierbaren Mx-Promotor. (2) Ausschließlich auf Skelettmuskulatur beschränkte Cre-Rekombinase-Expression durch den muskelspezifischen Muskel-Creatin-Kinase-Promotor. (3) Durch Adenovirus vermittelte Cre-Rekombinase-Expression, um unabhängig von verfügbaren Promotoren und ihren Expressionsprofilen zu sein. (4) Konstitutive Cre-Rekombinase Expression in einer Cre-deleter Mauslinie zwecks frühestmöglicher Myf5-Inaktivierung. Die Myf5-Exzision im Zygotenstadium sollte eine Phänokopie der alten Myf5-Allele darstellen. Homozygote Myf-5ΔloxP/ΔloxP Mutanten zeigen unerwartet keine Fehlentwicklung der Rippen. Trotz des völligen Fehlens der frühen Myotomentwicklung sind die Mutanten lebensfähig und fruchtbar, sie weisen keine erhöhte Sterblichkeit auf. Daraus kann geschlossen werden, dass der zuvor für Myf5 mutante Tiere beschriebene Rippenphänotyp durch Missregulation eines noch unbekannten Gens verursacht wird. Der Schwanz von Myf-5ΔloxP/ΔloxPMäusen weist mit einsetzender Adoleszenz auffällige Unterschiede im Vergleich mit dem Wildtyp oder heterozygoten Tieren eines Wurfs auf. Der Schwanz wird im ersten Lebensmonat spannungslos und beinahe immobil, da ihm ein Großteil der knorpeligen Stützelemente fehlt. Dagegen ist die Muskulatur in mutanten Tieren morphologisch nicht auffällig, jedoch weisen alle Myf5-homozygoten Mäuse mit zunehmendem Alter eine buckelige Körperhaltung auf. Die meisten Myf-5ΔloxP/ΔloxP Mutanten entwickeln zusätzlich motorische Auffälligkeiten im Gang. Diese beiden Phänomene werden häufig im Zusammenhang mit Muskelinsuffizienzen beobachtet. Eine parallele Strategie die normale Rippenentwicklung in Myf5mutanten Mausembryonen zu gewährleisten, basiert auf der Insertion der für den Fibroblasten-Wachstumsfaktor-6 (FGF6) kodierenden cDNS in den Myf5-Lokus. Das vom Myf5-Promotor exprimierte FGF6 sollte die Induktion des Rippenblastems vermitteln. Homozygote Träger dieser FGF-6-Knock-in-Mutation weisen einen unauffälligen Brustkorb bei der Geburt auf, sterben jedoch aus noch ungeklärter Ursache direkt nach der Geburt. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurden zwei neue Mauslinien mit Mutationen des Myf5-Lokus analysiert, die nicht zum vormals beschriebenen Rippenphänotyp führen. Die Myf5ΔloxP/ΔloxP Mauslinie mit einer 3 Kilobasen großen Exzision im Myf5-Lokus ist lebensfähig. Ein neuer Weg für die eingehendere Untersuchung der Muskelentwicklung und Regeneration in adulten Stadien wurde geöffnet.
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