Die durch Eimeria-Infektionen verursachte Kokzidiose beim Haushuhn stellt ein ernsthaftes Problem in der Geflügelwirtschaft dar, dessen Bekämpfung, u.a. durch die Entwicklung resistenter Parasitenstämme, schwierig und kostenintensiv ist. Es besteht deshalb großer Bedarf für Alternativen in der Therapie und Prophylaxe dieser Erkrankung. Die Penetration von Darmzellen durch Eimeria-Sporozoiten (Invasion) ist die erste Auseinandersetzung zwischen Wirt und Parasit. In der vorliegenden Arbeit wurden neue Strategien gesucht, um diesen Vorgang zu hemmen. Dabei wurden zwei Wege beschritten: die Isolierung von Antikörperfragmenten zur Neutralisation eines invasionsrelevanten Oberflächenproteins des Parasiten und ein Ansatz auf dem Gebiet der Ca2+-abhängigen Signaltransduktion. Zur Isolierung putativ hemmender Einkettenantikörperfragmente (scFv) wurde eine Phage Display-Antikörperbank eingesetzt, welche auf dem exprimierten Antikörperrepertoir mit Eimeria-Material immunisierter Mäuse basiert. Die Selektion von scFv erfolgte mittels rekombinant exprimiertem Etmic2, einem am Invasionsvorgang der Sporozoiten beteiligten Mikronemenprotein von Eimeria tenella. Bindungstests am fragmentierten Antigen sowie Untersuchungen mittels Biacore-Technologie und kompetitivem ELISA zeigten, dass die erhaltenen anti-Etmic2-scFv unterschiedliche Epitopspezifitäten, relativ geringe Affinitäten und bis auf eine Ausnahme sehr hohe Dissoziationskonstanten aufwiesen. Dies deutet darauf hin, dass in der verwendeten Phage Display-Bank keine hochaffinen scFv gegen Etmic2 vorhanden waren bzw. bei der Immunisierung der Spendertiere keine für Etmic2 spezifischen Antikörper gebildet wurden. Um zu prüfen, ob die an rekombinantem Etmic2 selektierten scFv auch an das native (d.h. aus dem Parasiten stammende) Antigen binden, wurden Sporozoiten- bzw. Oozystenextrakte für Bindungstests mittels ELISA und Immunoblot eingesetzt. Des Weiteren wurde mittels Zellanheftungstest bzw. indirektem Immunfluoreszenztest die Bindung der scFv an Etmic2 auf der Oberfläche von E.tenella-Sporozoiten untersucht. Mit keiner der verwendeten Methoden ließ sich eine Bindung an natives Etmic2 nachweisen. Dies legt nahe, dass die Antikörper nur an die rekombinante Form des Antigens binden. Zum Vergleich der Epitopspezifitäten von anti-Etmic2-scFv und einem Kaninchenserum gegen natives Etmic2 wurde ein kompetitiver ELISA durchgeführt, bei dem keine Verdrängung der scFv vom immobilisierten rekombinanten Etmic2 durch Serumantikörper festzustellen war. Man kann deshalb davon ausgehen, daß sich die Hauptepitopspezifitäten der Serumantikörper von den Spezifitäten der scFv unterscheiden und beim nativen bzw. rekombinanten Etmic2 also unterschiedliche Epitope zugänglich sind. Im zweiten Teil dieser Arbeit wurde unter Verwendung eines in vitro-Testsystems und dem Einsatz der Durchflußzytometrie untersucht, ob und inwieweit extrazellulärer Ca2+-Mangel oder Stoffe, welche einen Wirkung auf die Ca2+-abhängige Signaltransduktion besitzen, die Invasion von E.tenella-Sporozoiten beeinflussen. Diese Untersuchungen hatten zum Ziel, für die Invasion essentielle Bedingungen und mögliche neue Wirkstoffe gegen Eimeria-Infektionen zu identifizieren: Bei der Verwendung verschiedener Ca2+-Konzentrationen im Medium zeigte sich eine starke Abhängigkeit der Sporozoiteninvasion von extrazellulärem Ca2+. Dabei wurde eine maximale Hemmung von 70 % beobachtet. Der halbmaximale Effekt trat bereits bei einer noch relativ hohen Ca2+-Konzentration von etwa 600 µM auf. Durch die Vorinkubation von Sporozoiten in Medium +/- Ca2+ wurde im anschließenden Sporozoiten-Invasionshemmtest gezeigt, daß der hemmende Effekt bei Ca2+-Mangel durch Beeinflussung der Parasiten zustande kommt. Wie verschiedene Viabilitätstests mit +/-Ca2+ inkubierten Sporozoiten zeigten, beruht der invasionshemmende Effekt bei Ca2+-Mangel wahrscheinlich nicht auf einer verringerten Lebensfähigkeit des Parasiten. Des Weiteren wurden verschiedene Wirkstoffe, welche Ca2+-Signalvorgänge in Eukaryoten beeinflussen, im Sporozoiten-Invasionshemmtest eingesetzt. Dabei hatte Koffein, das bis zu einer Konzentration von 250 µM eingesetzt wurde, keinen Effekt, während durch Ryanodin und 2-APB die Infektionsrate herabgesetzt wurde. Vorinkubationsversuche zeigten, daß 2-APB dabei wahrscheinlich die Wirtszellen beeinflußt und Ryanodin auf die Sporozoiten wirkt. Letzteres wurde durch die Färbung mit einem fluoreszierenden Ryanodinderivat bestätigt, mit welchem sich eine spezifische Bindung an Sporozoiten nachweisen ließ. Die Kombination von Ca2+-armem Medium und Ryanodin hatte einen additiven Effekt auf die Sporozoiten-Invasion in vitro. Man kann deshalb davon ausgehen, daß die Mechanismen, über welche Ryanodin und der Mangel an extrazellulärem Ca2+ die Invasion hemmen, voneinander unabhängig sind. In der vorliegenden Arbeit wurde erstmalig die essentielle Bedeutung von extrazellulärem Ca2+ für die Invasion von Eimeria-Sporozoiten beschrieben. Des weiteren wurde Ryanodin aufgrund seiner spezifischen Bindung an Sporozoiten und der invasionshemmenden Wirkung als ein möglicher neuer Wirkstoff gegen Eimeria-Infektionen identifiziert.
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