Um atomare Prozesse auf nanoskopischen Größen- und Zeitskalen mittels Molekulardynamik Simulation zu untersuchen, benötigt man akkurate empirische Potentiale. Solche Systeme enthalten typischerweise mehrere 10000 bis Millionen Atome, weshalb die exakte Beschreibung auf elektronischer Ebene mit heutigen Methoden unmöglich ist. Solch ein interatomares Potential hätte jedoch nicht nur beschreibenden sondern vielmehr vorhersagenden Charakter, wenn seine Form und Parameterisierung aus der die elektronischen Wechselwirkungen beschreibenden Schrödinger-Gleichung abgeleitet werden könnten. In diesem Sinne kann es als das Ziel angesehen werden, ein interatomares Potential zu entwickeln, dass nur die essentiellen elektronischen Informationen enthält, die für die atomare Bindung relevant sind. Das Tight Binding Modell der Elektronen hat sich als erfolgreiche Methode, diese elektronische mit der atomaren Ebene zu verknüpfen, etabliert. Durch die kubische Skalierung des Rechenaufwandes mit der Zahl der betrachteten Atome bleibt jedoch auch das Tight Binding Modell auf Systeme mit wenigen Tausend Atomen beschränkt. In der Vergangenheit wurden deshalb verschiedene Methoden entwickelt, die linear skalieren, indem sie das Tight Binding Modell näherungsweise lösen. In dieser Arbeit wird ein semi-empirisches Potential vorgestellt. Es handelt sich um die logische Erweiterung des Bond order Potential von David Pettifor (1989,1996), der mit Hilfe des Momenten Theorems einen analytischen Ausdruck für die elektronische Bindungsordnung aus dem Tight Binding Modell ableitete. Ich stelle einen verbesserten Ausdruck für die sigma-Bindungsordnung in sp-kovalenten Systemen vor. Die Erweiterungen betreffen die Auswertung des vierten Momentes der lokalen elektronischen Zustandsdichte unter Einbeziehung von zusätzlichen on-Site und pi-Termen. Letztere erzeugen eine Steifigkeit der sigma-Bindungsordnung gegenüber Torsion, wie sie zuvor nur für die pi-Bindungsordnung bekannt war. Nach der Einführung der theoretischen Methoden werden im Hauptteil das Potential und seine Erweiterungen abgeleitet. Im Anschluss daran wird das Potential benutzt, um strukturelle Stabilität und Relaxationsvorgänge von Nanostrukturen wie etwa des freistehenden SiGe Quantenpunktes oder der Si-Grenzfläche beim Waferbonden mittels Molekulardynamik Simulation zu untersuchen.
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