Hintergrund: Die Anwendung komplementärer und alternativer Medizin (CAM) bei primären Kopfschmerzen nimmt trotz fehlendem Wirksamkeitsnachweis für die allermeisten dieser Therapieverfahren immer mehr zu. Methodik: Im Rahmen einer Stichprobenerhebung wurden Fragebögen von 432 Patienten mit primären Kopfschmerzen ausgewertet, die sich in 7 deutschen und österreichischen universitären Kopfschmerzambulanzen vorstellten. Gefragt wurde nach der Anwendung von CAM, Beweggründen solche Therapien in Anspruch zu nehmen sowie nach der Beeinträchtigung durch die Erkrankung, sozio-ökonomischen Daten und aktueller Medikation. Ergebnisse: 78.5% der Patienten wiesen eine Migräne auf, 19% einen Kopfschmerz vom Spannungstyp, 7.9% einen Cluster-Kopfschmerz und 2.5% einen anderen primären Kopfschmerz. Die Mehrheit der Patienten (81,7%) hatte zur Therapie ihrer Kopfschmerzen komplementäre und alternative Verfahren angewandt. Durchschnittlich hatten diese Patienten im Laufe ihres Lebens vier verschiedene solcher Verfahren gegen ihre Kopfschmerzen in Anspruch genommen, am häufigsten Akupunktur (58.3%). Die Nutzung von CAM erfolgte nicht aufgrund einer generellen Unzufriedenheit mit der "Schulmedizin", sondern zumeist um "nichts unversucht zu lassen" (63,7%) oder um "aktiv gegen die Krankheit vorzugehen" (55,6%). Die CAM-Anwender waren signifikant älter und litten länger an Kopfschmerzen als die Nicht-Anwender. Weiterhin hatten sie eine geringere Kopfschmerzintensität, waren insgesamt zufriedener mit der konventionellen Prophylaxe und informierten sich häufiger als Nicht-Anwender über ihre Erkrankung. Innerhalb der Gruppe der CAM-Anwender ließen Zusammenhänge zwischen der Anzahl angewandter CAM-Verfahren und einzelnen Variablen wie dem Alter, der Erkrankungsdauer und dem Grad der Beeinträchtigung, aufgrund der bestehenden niedrigen Korrelation lediglich auf eine geringe klinische Relevanz schließen. Schlussfolgerung: Die hier gewonnenen Daten belegen die hohe Inanspruchnahme von CAM bei Patienten mit primären Kopfschmerzen, wobei diese Verfahren in der Mehrheit der Fälle ergänzend zur konventionellen "Schulmedizin" angewandt wurden. Die zunehmende Anwendung solcher Verfahren fordert einerseits die wissenschaftliche Evaluation, um eventuell bestehende positive Effekte auf die Kopfschmerzhäufigkeit und -intensität nachzuweisen. Andererseits ist es wichtig, über die verschiedenen CAM-Verfahren informiert zu sein, um den Patienten über mögliche Wirkungen, Nebenwirkungen, Kontraindikationen und potentielle Interaktionen mit anderen Medikamenten aufklären zu können.
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