Die teratologische Sammlung des Institutes für Anatomie und Zellbiologie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg geht in ihrem Ursprung auf die ehemalige pathologisch-anatomische Abteilung der Meckel'schen Sammlungen zurück. Zum heutigen Sammlungsbestand gehören etwa 600 tierisch- und human-teratologische Präparate. Ziel der vorliegenden Untersuchungen ist es, diese Präparate unter pathomorphologischen Aspekten neu zu untersuchen. Außer den Präparaten zum Meckel'schen Divertikel und zum Meckel'schen Syndrom befindet sich das historisch älteste Nager-Syndrom in der Sammlung. Die Ergebnisse zeigen, dass von allen "mittelalterlichen" Feten mit nuchalem Hygroma colli oder Ullrich-Turner-Phänotypus - darunter ein Noonan-Syndrom, ein maskulinisierter 45,XX/XY Fetus und ein Swyer-Syndrom wahrscheinlich mit einer SRY-Mutation - vermutlich nur die der Meckel'schen Sammlungen bis heute "überlebt" haben. Bisher wurden 25 Präparate auf Aneuploidien geprüft. Das Hauptziel der aDNA-Analyse ist es, diagnostische Fragestellungen an fehlgebildeten, ätiologisch nicht eindeutig zuordenbaren Feten mit molekular-zytogenetischen Methoden zu beantworten. Die Ergebnisse dieser Arbeit zeigen, inwiefern und ob überhaupt die langzeitasservierten organischen Proben sich dem molekular-zytogenetischen Zugriff erschließen lassen. Anhand von verschiedenen DNA-Extraktionsmethoden wurde aDNA gewonnen, die es ermöglichte, verschiedene, auf den Degradationsgrad der aDNA angepasste direkte Amplifikationen und Markierungsreaktionen durchzuführen. Anschließend wurde eine Reihe von CGH-Experimenten durchgeführt, die die ersten Informationen über das Hybridisierungsverhalten der unterschiedlich markierten aDNAs lieferten. Ein weiteres Ziel der vorliegenden Untersuchungen war es, Meckels Fragestellungen und Untersuchungsansätze zur "regelmäßigen und unregelmäßigen tierischen Form" anhand einer großen Anzahl von Originalschriften nachzuvollziehen. Meckel hat die Begriffe von der primären und sekundären Fehlbildung sowie von den Variabilitäten definiert. Bisher war unbekannt, dass er die Vererbung in die kausale Analyse der kongenitalen Fehlbildungen einführte und dass er klare Vorstellungen über Pathogenese und Kausalität entwickelte; so kann Meckel d. J. als Begründer der modernen Teratologie, der Syndromologie, der Entwicklungspathologie und der vergleichenden Anatomie angesehen werden. Er erkannte Lamarcks Evolutionstheorie an. Meckel sah in der Hemmung der Entwicklung einen Mechanismus der Entstehung sowohl der Fehlbildungen als auch der neuen Spezies. Er führte die Homologie als empirische Forschungsmethode in die kurz zuvor durch Goethe und Burdach entstandene Morphologie ein. Damit hatte er die "naturphilosophische" Morphologie zu einer empirischen Wissenschaft entwickelt.
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